Kabinett für sentimentale Trivialliteratur

 

 

Trivialliteratur  

Was ist Trivialliteratur?
Kitsch und Kunst, Frauenliteratur und Kostbarkeiten. Die sentimentale Trivialliteratur erfüllt eine dringende Aufgabe, indem sie eine Brücke von der hohen Literatur zur Alltagskultur schlägt. Sie gibt Einblick in das Leben und die Gefühlswelt von einst. Romane und populäre Texte von früher enthüllen eine erstaunlich komplexe und vielschichtige Welt der Frauen.

Auzug aus den Informationsblättern für Besucher und Besucherinnen, erstellt
in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich, Abt. Europäische Volksliteratur des Volkskundlichen Seminars
Spätestens seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wird die belletristische Literatur in die 'hohe' und die 'niedere' Literatur unterteilt. Weil diese Unterhaltungsliteratur sich durch Eingängigkeit und weite Verbreitung auszeichnet, wird sie häufig "Trivialliteratur“ genannt. Mit dieser Bezeichnung ist eine Wertung verbunden: Trivialliteratur gilt als anspruchslos, wertlos, schablonenhaft, kitschig. Da sie aus rein kommerziellen Gründen produziert werde, stehe sie im Gegensatz zu wahrer Kunst.

Der Begriff "Trivialliteratur“ beinhaltet unterhaltende populäre Lesestoffe verschiedener Publikationsformen und literarischer Gattungen: Kalender, Almanache, Monatsmagazine, Wochenzeitschriften und Journale werden ebenso dazu gezählt wie Romane und Erzählungen für ein erwachsenes wie für ein jugendliches Publikum.

Zitat:
Das Rezept ist so einfach: nimm einen 'reizenden' jungen Maler – oder Lieutenant oder Ingenieur oder Referendar – ein 'entzückendes' junges Mädchen – Tochter eines hohen Beamten, Generals, Millionärs, Konsistorialrates –, lass sie zwei Stunden miteinander zusammen sein – auf einem Ball, einem ländlichen Fest, in einem Badeort und über Ibsen, Nietzsche, Richard Wagner naive Gespräche führen, die sie für geistreich halten, – die Herzen finden sich, die Eltern aber sind grausam; Thränen, Verzweiflung – vielleicht ein Entführungsversuch, den der fatale alte Spekulant, dem es nur um die reiche Mitgift zu thun ist, vereitelt, tiefstes Unglück des edlen Liebenden, er fordert den Nebenbuhler, aber ehe es zum Schiessen kommt, legt sich der Zufall, der Gott der Liebenden, ins Mittel, entlarvt den alten Sünder und macht das junge Paar glücklich. (Marthas Briefe an Maria. Ein Beitrag zur Frauenfrage mitgeteilt von Paul Heyse. In: Die Gartenlaube 1897, 790).